MŸssen sich Klang und Bild in einem Film oder einem Video verdoppeln? MŸssen Bilder vom Meer immer von Meeresrauschen begleitet sein? Was passiert, wenn dies nicht der Fall ist? Im Video red book von Kyungwoo Chun handelt es sich um Ausschnitte aus Alltagssituationen: man sieht eine wei§e Trinkschale und Fliegen, die sich darauf bewegen, sowie einen Mann in einer Wasserlache. Deshalb wŠhlte StŠbler fŸr die gleichnamige Performance KlŠnge aus dem Alltag, die er zum Video komponierte; die KlŠnge werden mit Wasser in einer Wanne erzeugt, aber auch mit der Stimme (Gurgeln, Pfeifen) und mit einem Gong, der angeschlagen und ins Wasser getaucht wird. In red book handelt es sich um zwei voneinander unabhŠngige Ebenen: Klang und Bild. Nicht nur beginnt die Performance vor dem Video, StŠbler unterbricht das Video auch einmal durch ein Black, in dem Moment, als der Mann, der in der Wasserlache stand, aus dem Bild lŠuft. Der Performer, der in diesem Moment gerade sehr langsam Wasser in die Wanne schŸttet, setzt diese Aktion mšglichst lange in die Unterbrechung des Videos hinein fort. Gerade dieser leicht absurdistische Kurzschluss zwischen den medialen Schichten macht ihre spezifische Charakteristik bewusst. Die Performance bildet weder eine Untermalung, noch eine Interpretation der Videobilder, sondern eine parallele, eigenstŠndige Ebene.

Die konsequent durchgehaltene EigenstŠndigkeit von Bild und Klang bewirkt, dass das Ganze sich einer leichten Konsumierbarkeit entgegenstellt. Indem Kyungwoo Chun und Gerhard StŠbler die ZusammenfŸhrung von Bild und Ton nicht auf ein Verschmelzen reduzieren, widersetzen sie sich dem in den Medien (aber auch in so manchem Kunst-Video) vorherrschenden eindimensionalen Denken, das zum Beispiel Bilder vom Meer automatisch mit Meeresrauschen unterlegt. Die rigorose Polyphonie von Bild und Ton in den Werken, die Kyungwoo Chun und Gerhard StŠbler gemeinsam realisierten, fordert den Betrachter heraus, anstatt ihn einzulullen. Solche Werke liefern ihre eigene Deutung nicht mit, sondern sind in ihrer Interpretation durch den Betrachter offen und widersprechen alleine aufgrund ihrer dialogischen Faktur der massenmedialen Verschmutzung.

 

Hella Melkert