Gift·Gelb für elektrifiziertes Akkordeon, E-Bass und Zuspielung – eine Allegorie – entstand im Winter 2001/2002 im Auftrag des Duos interzone perceptible (Matthias Hettmer und Sven Hermann). Entstehung und Hintergrund hat einen aktuellen Anlass:
Die Sache ist rasch erzählt: Afghanistan wird des Terrorismus wegen traktiert
– mit mehrhundertfach besetzten Splitterbomben (u.a.), denn dem Bösen,
wo immer es ist, muss man mit geboten ebenbürtiger Sprache begegnen und,
weil man Werte hat, Werte zu verteidigen hat, für die man zu Recht Kreuzzüge
führen darf – fürsorglich mit gelb-verpackter Güte, sprich:
Essenspaketen voll von amerikanischem Fastfood, zuhauf in bewohnten und unbewohnten
Gegenden abgeworfen – jedenfalls künden uns dies Bilder aus dem Hindukusch.
Erwachsene, vor allem Kinder rennen danach, Kinder, hungernd, die am meisten
unter den Wirren des Krieges zu leiden haben und, wie überall, am neugierigsten
sind und wissen möchten, was da vom Himmel regnete... Doch Vorsicht! Auch
die Splitterbomben, weit übers Land verteilt, sind in gelbe Päckchen
verpackt und unterscheiden sich in ihrer Größe nur unwesentlich von
denen mit Nahrung. Also los Kinder, los mit dem Lineal und messen, denn ein
Zentimeter zu lang, ein halber zu breit könnte das Leben kosten! Denn gelbe
Splitterbomben explodieren oft spät, nur ca. zu zwei Dritteln unmittelbar
beim Abwurf und etwa zu einem Drittel danach – und dann im Umkreis von
500 m alles Leben zerstörend. Wann? Los also, und messt genau! Vergesst
die Lineale nicht! Ganz bestimmt fielen sie auch vom Himmel! Die genauen Maße
aber? Na, die kriegt ihr bestimmt selbst heraus! Den Bomben eine andere Farbe
geben? Das käme zu teuer.
Gerhard Stäbler