Etwa neun Jahre nach der Komposition drüber... für acht aktive Schreier, nach einer Zeit nahezu kompositorischer Abstinenz entstehen 1981/82 die Lieder fürs Vaterland: zu Gedichten aus dem Schi-king (Klage der Garde), von Erich Mühsam (Kriegslied) und Bertolt Brecht (An meine Landsleute); drei Lieder als Vorwurf für unterschiedliche Bewusstseinsstadien und Haltungen in politischen Auseinandersetzungen, historisch aufgeschlüsselt, auf heute projiziert. 1982 erhielt diese Komposition den ersten Preis beim "Cornelius Cardew Memorial Competition" in London.
Die Besetzung des Zyklus ist folgende: 1 Sänger(in)/Sprecher(in), 2 Sprecher(innen)/Chor ad. lib., 1-2 Schlagzeuger, Piccoloflöte, Klarinette/Bassklarinette, Gitarre, Akkordeon, Kontrabaß, E-Gitarre, E-Piano, E-Bass. Zu den einzelnen Strophen der Lieder sind Gesten und Haltungen notiert, die nicht nur von Sängern und Sprechern dargestellt werden sollen, sondern gleichermaßen für Instrumentalisten gelten, um im Verlauf der Lieder ein Bewusster-Werden spüren zu lassen.
Die Darstellung der psychologischen Momente sollte nicht nur mimisch passieren, sondern (soweit möglich) vom ganzen Körper der Singenden bzw. Spielenden übernommen werden. Zu studieren sind dabei Bilder aus der Geschichte der Bildenden Kunst, die Widerstand leistende Menschen zeigen. Aber nicht nur solche, sondern überhaupt Gesichter und Haltungen von Bauern und Arbeitern der ganzen Welt. Oder Soldaten, die zum Kriegsdienst gezwungen oder dazu aufgehetzt wurden und mit der Zeit merken, wozu und von wem sie missbraucht werden. Wichtig anzuschauen sind auch Dokumentarfilme oder Tagesschauen über Antikriegsdemonstrationen, Streiks, Betriebsbesetzungen etc., um sich die Haltungen beim Singen nicht auszumalen, sondern sie aus der Realität konzentrierend darzustellen.

Gerhard Stäbler