Die Extreme, das Unvereinbare, das Sich-Reibende, das Zueinander-Querstehende ist es, das BRIDGES bestimmt. Doch weist alles auf ein Zusammen hin, ein Überbrücken der Kluft zwischen "Ich" und "Du" oder wie es Paul Celan in seinem Gedicht Fernen, das die Folie zur Musik bietet, formuliert: "... lass uns auch solches beginnen: / gemeinsam / lass uns atmen den Schleier / der uns voneinander verbirgt..."
Gerhard Stäbler
Eine der vielen
Inspirationsquellen Gerhard Stäblers ist die Literatur: mit dem griechischen
Dichter Konstantinos Kavafis steht die Chor-Elegie ...for Kavafis...
(2000) in Zusammenhang, Christa Wolffs Kassandra beschäftigte
den Komponisten in seinem Musiktheater CassandraComplex (1994), Edgar Allan
Poes Untergang des Hauses Usher bildete wiederum die Grundlage der
Oper Madame la Peste (2000).
In BRIDGES für Mezzosopran und Akkordeon, 1996/97 für Christina
Ascher und Edwin Alexander Buchholz entstanden, spielt Paul Celans Gedicht Fernen
eine große Rolle. Aus diesem stammt der Kunsttext, auf dem die kreisenden,
Halbton-geschwängerten Linien der Sängerin basieren. Das Akkordeon
ist kontrastierend gesetzt. Mit länger gehaltenen Tönen bildet es
den nicht immer wohlig weichen-, sondern oft auch aufgerauten, dissonanten Teppich,
auf dem sich der Gesang expressiv, vorwiegend in dreifachem Fortissimo bewegt.
BRIDGES ist ein konzentriertes, bündiges Werk mit kurzen, variierten
"Gesten". Der "inneren" Konzentration entspricht die "äußere":
Raum dunkel, nur die Interpreten beleuchtet – so wünscht es sich
Stäbler explizit in der Partitur.
Torsten Möller