In beats beschäftigt Gerhard Stäbler ein kompositorisches Verfahren, das sich definiert durch das, was uns umgibt und das, was uns – bewusst oder unbewusst – beschäftigt. Klänge des Alltags, der Umwelt, Musik der Vergangenheit und Gegenwart gehören ebenso dazu wie Zahlen: Telefonnummern, Haus- und Autonummern, Geburtstagsdaten oder Zahlen in Zeitungen und Zeitschriften und auch Zahlen aus Büchern, die den Komponisten begleiten, beispielsweise die Reflektionen über "Geschwindigkeit", die der französische Philosoph Paul Virilio in einem Essay zur Dromologie anstellt. Sie alle ergeben ein Raster, das unser Leben, uns "markiert". Musik fügt sich hinein als besondere Situation, als Medium, das sich zum Leben äußert, mitmischt, aufrührt, nachdenkt, emotional vertieft – als Kommentar, Akzentuierung, mitunter als "beats", jeweils verschieden zu unterschiedlichen Zeiten. "beats" in zweierlei Hinsicht, direkt – als Implus, Vorandrängen, auch Unterbrechung oder Störung, und indirekt als untergründiges Vibrieren, als unterschwellige Schwebung – wie es im Musikalischen heißt, wenn sich zwei tiefe Frequenzen so weit annähern, daß sie zusammen langsam zu pulsieren beginnen. beats impliziert ein Spiel mit diesen Aspekten, und in diesem Spiel taucht Gioacchino Rossinis SONATA à 4 Nr. 6 in D-Dur für Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass auf, die – außer drei aus mehreren Takten komprimierten Zitat-Brüchen – nicht nur das Tonhöhenreservoir stellt, sondern auch Pate steht für die sich unablässig ändernden Tempi. beats für Streichquartett plus Schlagwerk entstand im Frühjahr 1998 in Essen und Bergen (Norwegen) im Auftrag des Saarländischen Rundfunks für den Schlagzeuger Dirk Rothbrust und das Minguet-Quartett.

Gerhard Stäbler