Gerhard Stäbler

A·Duo
Fragmentblöcke für Klarinette und Klavier

2010

Seit 2001, als Nam June Paik in Duisburg den Wilhelm Lehmbruck Preis erhielt, beschäftigte ich mich – zusammen mit dem koreanischen Komponisten Kunsu Shim – (wieder) intensiv(er) mit der Arbeit des Fluxuskünstlers und Videopioniers. Seine Aktionen, Happenings und Installationen reizten mich, sie rekonstruierend, auch weiter entwickelnd zu beleuchten, vor allem aber meine Arbeit neu zu durchdenken und noch mehr ans „Jetzt“ zu binden. Nicht um einer plakativen Aufladung aktueller, gar drängender politischer Forderungen willen, sondern um mich noch stärker um eine nachhaltige Änderung sinnlicher Befindlichkeit zu kümmern und den Sinnen samt dem Verstand Erfahrungen zufließen zu lassen, die vor Rückwärtsgewandtem, vor Abgestandenem, vor Oberflächlichkeit, vor Äußerlichkeit immunisieren. In dieser Hinsicht faszinierte mich besonders Nam June Paiks Amusik, die alles einschließt: die Reflexion aktueller Konditionen wie ihr Beziehungsgeflecht in der Vergangenheit und in der – wie es Heinz-Klaus Metzger 1977 formulierte – „nicht allein die zu zwingender musikalischer Form geratene Dialektik zwischen der Brutalität des Vandalismus und der Feinheit ihres psychologisch-dramatischen Calculs waltete, sondern der Umstand, daß die komplizierten Stücke nicht notiert waren, vielmehr einzig im Kopf des Komponisten existierten und von ihm aus dem Gedächtnis dargeboten wurden, diesen an ihren Glanzpunkten so brachialen, barbarischen Prozessen zugleich den Status eines Äußersten an Vergeistigung von Komposition überhaupt verlieh“.

Gerhard Stäbler