Christa Wolf lie§ in ihrem gleichnamigen Roman Kassandra sagen, dass sie viel Ÿber Menschen erfahre, indem sie sie beobachte, wie sie sich verabschiedeten. Immer wieder werde ich daran erinnert, wenn ich Abschiede erlebe, seien es emotionale, seien es flŸchtige. Im Zusammenhang mit den Miniaturen ãVogel als ...Ò interessierten mich besonders, wie Abschiede mit ersten Begegnungen, SchlŸsse mit AnfŠngen zusammen hŠngen. Dabei fiel mir auf, dass erste Begegnungen – mit menschen, mit Kunst, mit Musik – viel schwieriger einzuordnen sind, als Abschiede, denen bereits eine spezifische ãGeschichteÒ vorangegangen ist.

 

In vielen Kompositionen gibt es immer wieder sehr prŠgnante SchlŸsse, die RŸckschlŸsse auf das zulassen, was vorher passiert ist. Das Spezifische einer Schlussformel oder einer Coda fasst zusammen oder wirft einen Ausblick auf etwas, was kommen mag, setzt sozusagen einen Doppelpunkt: ein Anfang im Ende ... 

 

WŠhrend ich ãVogel als ...Ò schrieb, begleiteten mich immer wieder die Waldszenen op. 82 von Robert Schumann. Den Schluss des ersten wie des letzten Satzes gestaltet er beispielsweise mit einem ausladenden Arpeggio. Wie in Zeitlupe Ÿbernahm ich – ohne Schumann (au§er den Titeln) direkt zu zitieren – Gesten aus seinen KlavierstŸcken: Das ãAufblŠtternÒ eines Schlusses in der ersten Miniatur oder das Transzendieren eines Klanges ins Nichts, ausgefŸhrt von einem gro§en, ausladenden Bogen in der letzten Miniatur. Nicht zuletzt das AufblŸhen einer ãblutrotenÒ Blume aus einer Kontrabassmelodie in mitten karger, spršder, kaum irritierter Rhythmen auf das oben zitierte Gedicht Friedrich Hebbels in der Miniatur ãVerrufene StelleÒ.

 

Der titelgebende Satz schlie§lich geht auf Schumanns Satz ãVogel als ProphezeihungÒ zurŸck. Hier faszinierten mich vor allem die Šu§erst leichten und unbeschwerten Dissonanzen – vielleicht als Synonym fŸr Všgel, deren Vorteil es ist, alle Elemente zu bewohnen ...

 

Gerhard StŠbler