Enjoy
fŸr Klarinette (B) solo (2013); UA Wiesbaden 2014

 

Seit 2001, als Nam June Paik in Duisburg den Wilhelm Lehmbruck Preis erhielt, beschŠftigte ich mich – zusammen mit dem koreanischen Komponisten Kunsu Shim – (wieder) intensiv(er) mit der Arbeit des FluxuskŸnstlers und Videopioniers. Seine Aktionen, Happenings und Installationen reizten mich, sie rekonstruierend, auch weiter entwickelnd zu beleuchten, vor allem aber meine Arbeit neu zu durchdenken und noch mehr ans ãJetztÒ zu binden. Nicht um einer plakativen Aufladung aktueller, gar drŠngender politischer Forderungen willen, sondern um mich noch stŠrker um eine nachhaltige €nderung sinnlicher Befindlichkeit zu kŸmmern und den Sinnen samt dem Verstand Erfahrungen zuflie§en zu lassen, die vor RŸckwŠrtsgewandtem, vor Abgestandenem, vor OberflŠchlichkeit, vor €u§erlichkeit immunisieren. In dieser Hinsicht faszinierte mich besonders Nam June Paiks ãAmusikÒ, die alles einschlie§t: die Reflexion aktueller Konditionen wie ihr Beziehungsgeflecht in der Vergangenheit und in der – wie es Heinz-Klaus Metzger 1977 formulierte – ãnicht allein die zu zwingender musikalischer Form geratene Dialektik zwischen der BrutalitŠt des Vandalismus und der Feinheit ihres psychologisch-dramatischen Calculs waltete, sondern der Umstand, da§ die komplizierten StŸcke nicht notiert waren, vielmehr einzig im Kopf des Komponisten existierten und von ihm aus dem GedŠchtnis dargeboten wurden, diesen an ihren Glanzpunkten so brachialen, barbarischen Prozessen zugleich den Status eines €u§ersten an Vergeistigung von Komposition Ÿberhaupt verliehÒ.

 

Gerhard StŠbler 2010